Die kreative Beschäftigung mit der Hermeneutik verlangt eine hohe ethische Verantwortung, denn schöpferisches Erkennen besteht nicht darin, eine Realität an die Denkweise des Betrachters anzupassen, so dass die zu erkennende Sache zur Projektion seiner Absichten wird. Zum Wesen einer schöpferischen Hermeneutik gehört vielmehr die Übereinkunft der Sache und des Erkennens (klassisch: adaequatio rei et intellectus), d. h. die Harmonisierung von Verstehen und Verstandenem. Hier ist die Rhetorik wieder erhellend. Der Rhetor Augustinus versteht unter Klarheit der Sprache, dass durch den Diskurs die Realität nicht verändert wird (Hässliches schön geredet oder Schönes hässlich gemacht wird), sondern dass man aufdeckt, was verborgen war: ut appareat quod latebat (De Doctrina Christiana IV 11, 26).
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